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Nur
mit einem Jahr Verzögerung kam 1999 Fischers Beschreibung des
Weges zu sich selbst auf den Markt. Dazwischen lag mit dem Kosovo-Krieg
ein Ereignis, das zum einen das Erscheinen des Buches verzögerte
und das zum anderen dafür sorgte, dass Fischers Weg durch die
Weltgeschichte mit Leichen gepflastert ist. Mit Politik freilich
hat das Werk wenig zu tun, wurde es doch nach einem Vorabdruck im
Sportteil des "Stern" veröffentlicht. Oder hat es doch mit Politik
zu tun? Frei nach der Devise, wonach auch das Private politisch
ist, schreibt der Außenläufer so vor sich hin, was er geändert hat,
nachdem sich seine Frau Claudia im Herbst 1996 von ihm trennte.
Wer beim Lesen ähnliche Ausdauer aufweist wie Fischer beim Laufen,
erfährt auf Seite 55, daß er sein Frühstück von "Schinken, Wurst,
Käse, Eier, Speck, Butter, Brötchen" auf "Obst, Milch, Haferflockenmischung"
umgestellt hat. Auf Seite 122 teilt er mit, dass sein Marathon-Timing
ganz im Zeichen der Partei stand. Auf den Marathon in seiner Heimatstadt
Frankfurt im Herbst 1997 war er konditionell nicht vorbereitet,
auf den Berlin-Marathon 14 Tage vor der 98er-Bundestagswahl verzichtete
er, denn ein "nicht auszuschließendes läuferisches Desaster" wäre
"politisch ein nicht zu verantwortender Alptraum gewesen". Wie erfrischendes
Wasser zwischendurch wirkt Seite 102: Da offenbart Fischer seinen
Sinn für die soziale Frage. Ab Kilometer 34 bleibt man beim New
York-Marathon nämlich besser nicht stehen - da geht es durch die
Südbronx. Nach 176 Seiten ist der Leser müde und hat geschafft,
was für den Läufer 42,195 Kilometer sind.
Joschka Fischer: Mein langer Lauf zu mir selbst,
Gebundene Ausgabe: Kiepenheuer & Witsch 1999, 176 Seiten, 15,29
EUR
Taschenbuchausgabe: Droemer Knaur 2001, 176 Seiten, 8,90 EUR
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